Nahaufnahme: Füße einer Person, die auf einer Straße läuft. Pfeile als Wegweiser.

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Warum zieht der Salafismus Jugendliche an?

Für manche Jugendliche ist der Salafismus attraktiv, weil er ihnen eine scheinbar klare Orientierung bietet. Der überwältigenden Vielfalt und Unübersichtlichkeit der modernen Welt setzt er eine Schwarz-Weiß-Sicht gegenüber. Der junge Mensch muss nicht mehr selbst entscheiden; davon entlasten ihn die eindeutigen Gebote und Verbote des Salafismus.


Dazugehören, überlegen sein

  • Bei vielen orientierungslosen jungen Anhängerinnen und Anhängern stiftet der Salafismus das Gefühl: „Ich gehöre dazu und bin im Einklang mit anderen.“ Die Jugendlichen fühlen sich als Person anerkannt – und auch als Mitglied einer weltweiten, solidarischen Gemeinschaft.
     
  • Eine salafistische Lebensführung signalisiert zudem eine klare Abgrenzung gegenüber der Mehrheit in der Gesellschaft; bei ihr erzeugt sie Aufmerksamkeit und Angst. Das kann für Jugendliche attraktiv sein, die gegen den Mainstream rebellieren und sich gegen die Welt ihrer Elterngeneration stellen wollen.
     
  • Außerdem vermittelt der Salafismus den Jugendlichen ein Gefühl der Überlegenheit – gegenüber anderen Religionen und gegenüber nicht-salafistischen Muslimen: Schließlich gehören sie dem „wahren“ Islam an! Junge Menschen fühlen sich in dieser „elitären“ Gemeinschaft aufgehoben.

Salafismus vermittelt Jugendlichen ein Gefühl der Überlegenheit.


Propaganda im Internet

Junge Menschen sind die Hauptzielgruppe, wenn Islamisten im Internet werben und neue Mitglieder rekrutieren. Über offen zugängliche Websites und soziale Netzwerke können Jugendliche schnell und einfach Kontakt mit Salafisten und Jihadisten aufnehmen.

Salafistische Gruppen sprechen junge Menschen im Internet gezielt dort an, wo sie sich am häufigsten aufhalten: in sozialen Netzwerken, auf Online-Plattformen und auf Instant-Messaging-Diensten. Sie passen sich dabei der Lebenswelt junger Menschen in westlichen Ländern an und verwenden deren Begriffe, Symbole und z. B. Emoticons.

Selbst kleine Kinder werden umworben

Selbst Kinder im Vorschul- und Grundschulalter haben salafistische Gruppen bereits im Blick. So gab es auf der Website des seit 15. November 2016 in Deutschland verbotenen Propaganda-Netzwerks „Die Wahre Religion“ einen eigenen Bereich „Kinder im Islam“. Dort standen Spiele und Basteltipps, Arbeitsblätter, Geschichten, Gebete und Hörbücher zum Download oder zum Ausdrucken bereit.

Ein Beispiel: WIE DER IS UM KINDER WIRBT

Die radikal-islamistische Terrororganisation „Islamischer Staat” (IS) hatte eine App für Kinder entwickelt, die zunächst sogar über den Google Play-Store abgerufen werden konnte. Das App-Symbol zeigt die schwarze Flagge des IS. Die App soll vor allem kleine Kinder an das arabische Alphabet heranführen. Bilder z. B. von Kriegsgeräten stehen für die einzelnen Buchstaben. Die Nutzerinnen und Nutzer der Apps werden als „Kinder des Kalifats“ angesprochen.

IS: „Glaubenskrieg“ als spannendes Abenteuer

Auch die Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) richtet sich mit ihrer jihadistischen Propaganda verstärkt an Kinder und Jugendliche. In einer für Heranwachsende attraktiven Form preist sie den angeblichen „Glaubenskrieg“ der Islamisten als aufregendes Abenteuer, das Männlichkeit, Mut und Hingabe zum Ausdruck bringt. Fotos von Kindern und Jugendlichen werden verbreitet, z. B. bei der Ausbildung an der Waffe in terroristischen Ausbildungslagern.
Mit solchem Bildmaterial (selbst die Beteiligung von Jugendlichen an Hinrichtungen wird gezeigt) soll zudem den Gegnerinnen und Gegnern der Eindruck vermittelt werden, die jihadistische Bewegung habe bis in die ferne Zukunft genug Nachwuchs.

Mädchen mit Kopftuch sitzt am Computer.
Als wichtige Plattform für salafistische Propaganda erreicht das Internet vor allem junge Menschen.

Das Thema Online-Radikalisierung auf der re:publika 2017

Prof. Peter Neumann hat auf der re:publika – einem Festival für die digitale Gesellschaft – die komplexen Verstrickungen und die Vielseitigkeit von Radikalisierungsprozessen dargelegt und die Bedeutung von sozialen Netzwerken für den internationalen Terrorismus demonstriert. Sein Vortrag in englischer Sprache kann als Video angesehen werden.

Die im Internet verbreitete Propaganda sowie Online-Netzwerke tragen dazu bei, dass sich aktive Mitglieder wie auch Sympathisantinnen und Sympathisanten des globalen Jihad als Teil einer einzigen, vermeintlich elitären Bewegung begreifen.


Jugendliche im Jihad

Auch Jugendliche sind in den Jihad gereist. Meist steigen sie im Alter von 16 bis 19 Jahren in die Szene ein. Rund zehn Prozent derer, die aus Bayern in den Jihad reisten, sind minderjährig.

Auf Abenteuerromantik in den sozialen Netzwerken …

Bei der Beeinflussung von Jugendlichen hin zu einer Ausreise spielt der Austausch in sozialen Netzwerken eine besondere Rolle. Die islamistische Propaganda vermittelt durch Klischees von Abenteuer- und Lagerfeuerromantik ein Bild, das erlebnishungrige Jugendliche begeistert.

… folgt die Ernüchterung im Jihad-Gebiet

Jihadisten haben über kriegerische Erfolge berichtet und das Leben als Kämpfer verherrlicht. Frauen haben ihren Alltag in den Jihad-Gebieten stark geschönt beschrieben. Die gesundheitliche, finanzielle und soziale Absicherung wurde durchweg gelobt, Mangel, so hieß es, gebe es kaum. Dass die Realität in Jihad-Gebieten diesen Schilderungen in keiner Weise entsprach, stellten jugendliche Jihadisten aus dem Westen meist nach schmerzlich ernüchternden Erfahrungen vor Ort fest.

Je jünger, desto aktiver

Radikalisierte Muslime, die in der zweiten oder dritten Generation in Deutschland leben („Homegrown-Spektrum“) und radikalisierte Konvertiten sind oft jünger und aktiver als andere Angehörige der Szene. Der Grund: Jugendliche sind besonders leicht beeinflussbar. Deshalb radikalisieren sie sich besonders schnell – bis zum Entschluss, in ein Jihad-Gebiet auszureisen oder in ihrem Heimatland gewalttätige Aktionen durchzuführen.
Schon Kinder konsumieren im Internet nicht nur die jihadistische Propaganda, sondern verbreiten sie auch.
 

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